Eiskalt erwischt – die Kältekammer als Therapie bei Lipödem und Fibromyalgieschmerzen

Wahrscheinlich schaudert es den ein oder anderen alleine beim Gedanken, sich halbnackt in eine auf – 85° C Grad abgekühlte Kammer zu begeben. Genauso erging es mir auch und entsprechend nervös war ich vor dem ersten Besuch in der Kältekammer Köln. Trotz moralischer Unterstützung war ich mehrfach dazu geneigt die nächste Ausfahrt zu nehmen und in mein warmes zu Hause zu fahren. Die Neugierde war glücklicherweise stärker.

Natürlich hatte ich schon mal von der sogenannten Kryotherapie gehört, welche bei rheumatischen Erkrankungen wahre Wunder bewirken soll. Mir fiel es allerdings schwer, die Auswirkung auf das Lipödem einzuschätzen. So blieb also nur der Selbstversuch.

Kurze Theorie, wie die Kälte sich auf den Körper und das Lipödem und die Fibromyalgie auswirkt
Bild: Simone Schäfer

Sobald man die Kabine betritt, zieht sich das Gewebe, sowie Venen stark zusammen. Stellt Euch vereinfacht einen Kühlakku vor, der nicht nur punktuell auf die schmerzende Stelle gehalten wird, sondern auf den ganzen Körper wirkt, inklusive Kopf. Schwellung werden reduziert und somit auch der Druckschmerz. Das Hautbild verbessert sich. Narben wachsen besser zusammen und die direkte Kälte wirkt bis auf die Knochen. Die Kältekammer wird aus diesen Gründen auch immer öfter nach einer Liposuktion empfohlen. Bei regelmäßiger Anwendung stärkt sie das Immunsystem und ganz nebenbei werden pro Besuch in der Kältekammer schätzungsweise 500 kcal bis 700 kcal verbrannt.

Die Kältekammer, die ich besucht habe besteht aus einer Kabine, welche auf -85° C runter gekühlt wird. Ganz wichtig, dieses System arbeitet ohne Stickstoff. Vor Ort wurde alles gestellt was man für den Aufenthalt benötigt. Standard sind gummierte Hausschuhe, OP Maske, Kuschelsocken, Mütze und Handschuhe. Ich hatte mich bereits vorab etwas erkundigt und alles von zu Hause mitgebracht. Metallische Gegenstände wie Ohrringe, BH Haken oder Piercings müssen abgelegt oder mit einem Pflaster überklebt werden. Die OP Maske, die wir derzeit standardmäßig tragen, ist auch in der Kabine Pflicht.

Wenn Du zum ersten Mal eine Kältekammer besuchst, erhältst Du eine ausführliche Einführung. Der Ablauf wird genau erklärt und alle Fragen beantwortet. Bewegung schafft, dass die Kälte um Deinen Körper zirkuliert. Metallische Gegenstände sind abzukleben oder zu entfernen. Entgegen meiner Befürchtung ist diese trockene Kälte nicht mit der wetterbedingten Kälte zu vergleichen. Ich habe sie sogar als angenehm empfunden.

Bevor ich allerdings in die Kältekammer geführt wurde, durfte ich es mir in der gemütlich dekorierten Eislandschaft bequem machen. Die Inhaberin gab mir einen Anamnesebogen und ich erhielt eine ausführliche Einführung.

Kurze Zeit später war es soweit. Ich betrat den Raum, in dem die Kältekammer steht. Sanftes blaues Licht und ein digitales Aquarium sorgten für eine beruhigende Stimmung. Nach einer erneuten kurzen Einführung, in der erklärt wurde, dass die verbleibende Zeit an den Lichtleisten abzulesen ist und man jederzeit die Tür öffnen kann, war es also so weit. Für mein erstes Mal wählte ich 3 Minuten aus. Noch schnell die Kopfhörer auf die Ohren und schon konnte es los gehen.

Wie besprochen bewegte ich mich zur Musik, damit die Kälte um meinen ganzen Körper herum zirkulieren konnte. Meine Haare an den Armen und Wimpern wurden weiß. Doch die Befürchtung, dass ich als Eisklumpen aus der Kältekammer raus kommen würde, bewahrheitete sich nicht. Diese Kälte ist eine angenehme trockene Kälte. Absolut nicht zu vergleichen mit der wetterbedingten eher nassen Kälte.

Unmittelbar nach der Kältekammer machte sich ein wohlig warmes Gefühl im ganzen Körper breit. Meine Beine fühlten sich den ganzen Tag leicht ein und auch die Fibromyalgieschmerzen waren für einige Stunden deutlich reduziert

Wenige Sekunden nach Verlassen der Kältekammer wurden meine Arme, Beine und Gesicht rot und in meinem Körper machte sich eine wohlige Wärme breit, die den ganzen Tag anhielt. Trinken nicht vergessen! Es wird empfohlen direkt im Anschluss mindestens 0,5 l Flüssigkeit zu sich nehmen. Immerhin werden bei einem Besuch in der Kältekammer ordentlich Kalorien verbrannt.

Meine Kompression habe ich selten so geschmeidig anbekommen, wie nach der Kältekammer. Da ich vor Energie nur so strotze, liefen wir trotz sommerlichen Temperaturen noch den ganzen Tag durch Köln. Meine Beine machten jeden Unsinn mit und fühlten sich bis zum Abend verhältnismäßig leicht an. Die Schmerzen in meinen Finger- und Fußgelenken, die der Fibromyalgie geschuldet sind, waren für einige Stunden deutlich reduziert.

Das überzeugte mich so sehr, dass ich noch am gleichen Abend meinen nächsten Termin in der Kältekammer buchte.

Nach regelmäßigen Besuchen in der Kältekammer hat sich mein Hautbild, trotz regelmäßigen Tragen der Kompression, positiv verändert. Sie ist elastischer, weicher und wirkt deutlich straffer. Die Hautpflege ist bei Lipödem und Lymphödem extrem wichtig. Sowohl das Lipödem, als auch die Fibromyalgieschmerzen waren deutlich reduziert, weshalb ich mich zu einer 14 tägigen Intensivkur entschied.
Bild: Simone Schäfer

Bei den nächsten Besuchen verlängerte ich meinen Aufenthalt in der Kältekammer um jeweils 30 Sekunden, bis dass ich bei 4.30 Minuten angelangt war. Zusätzlich zog ich kurzweilig meine Handschuhe aus, damit die Kälte direkt an meinen, von der Fibromyalgie schmerzenden, Händen wirken konnte. Bis zu drei Mal in der Woche besuchte ich nun die Kältekammer. Die Lipödemschmerzen und Schmerzen in den Gelenken waren deutlich reduziert. Durch die regelmäßigen Besuche in der Kältekammer wurde meine Haut elastischer, fühlte sich weicher an und wirkte deutlich straffer. Kleine Verletzungen heilten schneller ab. Einige Ärzte empfehlen bereits den Besuch einer Kältekammer nach Liposuktion. Die Schwellungen sollen deutlich reduziert sein und das Gewebe, sowie die kleinen Narben besser heilen. Die Fibromyalgieschmerzen waren deutlich reduziert, so dass ich mich ursprünglich entschlossen hatte einer 14 tägige Kryotherapie zu unterziehen. Leider wurde beim Hochwasser ein Teilstück der Autobahn unterspült und somit die Anreise unverhältnismäßig erschwert. Sobald der zeitliche Aufwand wieder im Rahmen liegt, werde ich eine 14 tägige Intensivkur, von der ich mir eine längerfristige Schmerzreduzierung verspreche, in Angriff nehmen.

Die Kältekammer war sicher einer der herausfordernsten aber auch einer der bereichersten Erfahrungen, die ich innerhalb meines Selbstmanagement bei Lipödem machen konnte.

Solltet Ihr die Gelegenheit haben eine Kältekammer zu besuchen, probiert es unbedingt mal aus. Ich bin schon ganz gespannt auf Euren Erfahrungsbericht. Oder hast Du sogar schon mal eine Kältekammer besucht? Dann freue ich mich, wenn Du Deine Eindrücke hier teilst.

7 Tipps für Deinen ersten Besuch in der Kältekammer

1.Suche Dir in Ruhe ein Studio aus, wo all Deine Fragen beantwortet werden und Du Dich wohlfühlst

2. Plane genug Zeit ein. Die Kältekammer hat auch einen Wellnesseffekt, den Du Dir selber nicht kaputt machen solltest, indem Du bereits abgehetzt oder verschwitzt zum Termin erscheinst

3. Sei bei dem ersten Termin mindestens 15 Minuten eher da und komme in den Räumlichkeiten bewusst an. Die Anspannung fällt dadurch deutlich ab.

4. Vor Ort werden Dir alle nötigen Utensilien für den Aufenthalt gestellt. Solltest Du so wie ich, Deine eigene Mütze, Handschuhe, Socken und Schuhe bevorzugen, packe die Tasche vorzeitig und ohne Stress

5. Piercings, Ohrringe, BH Haken oder andere metallische Gegenstände sollten mit Stoff bedeckt sein, mit Pflaster überklebt oder abgelegt werden

6. Bleib in der Kältekammer in Bewegung. So kann die Kälte um Deinen Körper zirkulieren.

7. Trinken im Anschluss nicht vergessen. Dein Körper hat während des Aufenthalts ordentlich Kalorien verbrannt und braucht jetzt Flüssigkeit. Vergiss also Dein Trinken nicht.

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